Die von einem Unternehmer in Deutschland erbrachten Leistungen sind in der Regel umsatzsteuerpflichtig, was bedeutet, dass Unternehmen verpflichtet sind, Umsatzsteuer zu entrichten. Die Umsatzsteuer stellt den größten Teil des gesamten deutschen Steueraufkommens dar. Es gibt jedoch bestimmte Fälle, in denen der Gesetzgeber Ausnahmen macht und Unternehmen von dieser Steuerpflicht befreit.
In diesem Artikel erklären wir was die Umsatzsteuer ist und für wen sie gilt, welche Vor- und Nachteile sie mit sich bringt und wie sie in Anspruch genommen werden kann.
Inhalt
Was ist die Umsatzsteuer?
Die Umsatzsteuer ist eine der wichtigsten Steuerarten für alle Unternehmer. Die Umsatzsteuer wird auf nahezu alle Leistungen erhoben, die Unternehmen in Deutschland erbringen und in der Rechnung separat ausgewiesen.
Unternehmen dürfen lediglich den Nettopreis der verkauften Produkte behalten. Sie ziehen die Umsatzsteuer bei ihren Kunden ein und führen diese im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung direkt an das Finanzamt ab. Man spricht daher auch von einer durchlaufenden Steuer.
Regelsatz der Umsatzsteuer
Die gesetzlichen Vorgaben sind im Umsatzsteuergesetz (UStG) geregelt. Das deutsche Steuerrecht unterscheidet zwischen zwei Steuersätzen:
Der Regelsteuersatz von 19% und
der ermäßigte Steuersatz von 7%
Ermäßigter Satz für Umsatzsteuer
Für welche Produkte und Dienstleistungen der ermäßigte Steuersatz gilt, ist in § 12 Abs. 2 UStG geregelt ist. Er greift beispielsweise bei:
Büchern und Zeitungen
Medizinischen Hilfsmitteln
Beförderungsleitungen
Pflanzen und einer Vielzahl von Lebensmitteln
Die Umsatzsteuer, die im Rahmen der Betriebsausgaben bei Unternehmen anfallen, wird von den umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen mit bezahlt. Das ist die sogenannte Vorsteuer. Sie wird im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung mit der eingenommenen Umsatzsteuer verrechnet. Übersteigen die Betriebsausgaben die Betriebseinnahmen, führt dies zu einer Erstattung der Umsatzsteuer durch das Finanzamt.
Umsatzsteuer oder Mehrwertsteuer?
Der Ausdruck Mehrwertsteuer wird umgangssprachlich synonym für die Umsatzsteuer verwendet. Aus steuerlicher Sicht ist der Ausdruck Umsatzsteuer korrekt. Entsprechend folgen die Regelungen dem Umsatzsteuergesetz. Ein Mehrwertsteuergesetz gibt es nicht.
Wer ist umsatzsteuerpflichtig?
Grundsätzlich sind alle Unternehmer in Deutschland ab einer Umsatzgrenze von 22.000 € im Jahr umsatzsteuerpflichtig. Erwirtschaftet ein Unternehmen weniger Umsatz, spricht man von einem Kleinunternehmen.
Kleinunternehmen, aber auch Freiberufler können die sogenannte Kleinunternehmerregelung und damit die Umsatzsteuerbefreiung in Anspruch nehmen. Diese Regelung dient als Vereinfachung, um Gründern die Buchhaltung und die vorbereitenden Steueraufgaben zu erleichtern. Allerdings können Unternehmen, die keine Umsatzsteuer einnehmen und an das Finanzamt abführen, auch keine Vorsteuer geltend machen.
Die Kleinunternehmerregelung ist in § 19 Abs. 1 UStG gesetzt verankert. Dort wurde festgelegt, dass Unternehmer, deren Umsatz im vergangenen Jahr unter 22.000 € lag und im laufenden Jahr voraussichtlich unter 50.000 € liegen wird, von der Umsatzsteuerpflicht befreit sind.
Überschreiten Kleinunternehmen und Freiberufler diese Umsatzgrenze, macht sich dies im Folgejahr bemerkbar: Sie wechseln dann in die Regelbesteuerung und müssen daher die Umsatzsteuer auf ihre Produkte und Leistungen aufschlagen und diese in ihren Rechnungen ausweisen.
Die Kleinunternehmerregelung
Das Ziel der Kleinunternehmerregelung ist vor allen Dingen, den bürokratischen Aufwand, der durch die Umsatzsteuer entsteht, für kleine Unternehmen so gering wie möglich zu halten. Immerhin können Kleinunternehmer dank der Umsatzsteuerbefreiung auf die monatliche Umsatzsteuervoranmeldung verzichten und müssen sich nicht mit der doppelten Buchführung auseinandersetzen.
Als Kleinunternehmer musst du keine Umsatzsteuer auf deinen Rechnungen ausweisen. Die empfangende Person muss jedoch durch einen Hinweis auf die Umsatzsteuerbefreiung aufmerksam gemacht werden. Dazu kannst du beispielsweise folgende Formulierung verwenden:
“Als Kleinunternehmer im Sinne von § 19 Abs. 1 UStG wird die Umsatzsteuer nicht berechnet.”
Obwohl Sie die Voraussetzungen erfüllen, um die Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen, kann es in einigen Fällen wirtschaftlich sinnvoll sein, auf die Umsatzsteuerbefreiung zu verzichten, wenn du Beispielsweise größere Anschaffungen für dein Unternehmen tätigen und du dafür die Vorsteuer geltend machen möchtest.
Möchtest du bei Gründung deines Unternehmens auf die Umsatzsteuerbefreiung verzichten, musst du bei der Anmeldung deines Unternehmens beim Finanzamt im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung die entsprechende Option auswählen. Alternativ kannst du einen formlosen schriftlichen Antrag beim Finanzamt stellen, um die Umsatzsteuerbefreiung aufzuheben.
Unterschied Kleinunternehmer und Kleingewerbe
Kleinunternehmen ist ein Begriff aus dem Umsatzsteuerrecht, der Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis zu 22.000 € bezeichnet. Der Begriff Kleingewerbe stammt hingegen aus dem Handels- und Gewerberecht.
Mögliche Nachteile der Kleinunternehmerregelung
Als Kleinunternehmer kannst du aufgrund der Umsatzsteuerbefreiung auch keine Vorsteuerabzüge geltend machen. Das bedeutet, dass du die Umsatzsteuer, die du auf deine Anschaffungen gezahlt hast (die sogenannte Vorsteuer) nicht anrechnen lassen kannst. Gerade in der Gründungsphase kann dies jedoch ein Nachteil sein, da hier viele Anschaffungen anstehen.
Entsprechend können Unternehmen, denen du Leistungen anbietest, ebenfalls keine Vorsteuer geltend machen. Durch die Umsatzsteuerbefreiung kann dir so ein Wettbewerbsnachteil entstehen: Bei Rechnungen zwischen Unternehmen ohne Umsatzsteuer kaufen Unternehmen lieber bei anderen Anbieter.
Darüber hinaus muss dir bewusst sein, dass die Entscheidung für den Kleinunternehmerstatus nicht einfach wieder zurückgenommen werden kann. Entscheidest du dich für die Umsatzsteuerbefreiung, bist du mindestens fünf Kalenderjahre an deine Entscheidung gebunden.
So beantragst du die Umsatzsteuerbefreiung
Die Umsatzsteuerbefreiung erfordert keinen großen Aufwand. Wenn du dein Unternehmen beim Finanzamt registrierst, musst du im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung deinen voraussichtlichen Umsatz angeben. Überschreitet dieser nicht die Umsatzgrenzen von 22.000 €, hast du automatisch den Kleinunternehmerstatus und bist damit umsatzsteuerbefreit.
Alternativ zur Umsatzsteuerbefreiung kannst du auch die Option der Regelbesteuerung wählen. Gehen deine Umsätze stark zurück oder stellst du fest, dass deine Prognose zur Umsatzentwicklung zu optimistisch war und du damit wieder die Voraussetzungen für die Kleinunternehmerregelung erfüllst, kannst du beim Finanzamt mit einem formlosen Schreiben die Umsatzsteuerbefreiung beantragen.
Steuerbefreiung bestimmter Umsätze
In § 4 Abs. 1-7 UStG finden sich verschiedene Sachverhalte, die zu den steuerbefreiten Umsätzen mit Vorabzugsmöglichkeit gehören. Hauptsächlich beziehen sich diese auf Import- und Exportgeschäfte. Aber auch einige Reiseleistungen und andere Sonderfälle finden sich dort wieder.
Freiberufler, Gewerbetreibende, öffentliche Einrichtungen und Vereine sollten einen Blick auf § 5 Abs. 8-28 UStG werfen: Dort werden umsatzsteuerfreie Leistungen, die auch nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen, aufgelistet. Dazu gehören unter anderem:
Diverse Finanzumsätze
Vermietung und Verpachtung von Grundstücken
Medizinische Heilbehandlungen
Umsatz der Einrichtungen zur Betreuung hilfsbedürftiger Personen
Bestimmte Umsätze im Bildungsbereich
Für die erwähnten Leistungen musst du keine Umsatzsteuerbefreiung beantragen, wobei das Finanzamt in einigen Fällen bestimmte Nachweise fordert. Da die Umsatzsteuerbefreiung jedoch vom konkreten Einzelfall abhängt, empfiehlt sich eine fachkundige Beratung.
Darüber hinaus sollten Sie die Umsatzsteuerbefreiung auch bei grenzüberschreitenden Geschäften beachten. Sowohl bei Importen aus anderen EU-Staaten und Nicht-EU-Staaten ist der Importeur oder die Importeurin steuerpflichtig. Entsprechende Steuerbefreiungen werden in § 4b und 5 UStG geregelt.
Umsatzsteuerbefreiung: Wie sinnvoll ist sie
Umsatzsteuerbefreiung kann eine gute Entscheidung sein, muss sich aber nicht für jeden Kleinunternehmer lohnen. Wer keine Umsatzsteuer vereinnahmt, darf auch die selbst ausgegebene Vorsteuer nicht geltend machen, was sich auf die Liquidität des Geschäfts auswirken kann.
Wer bei der Firmengründung hohe Anfangsinvestitionen wie Maschinen und Materialien hat, zahlt als Kleinunternehmer den Kaufpreis inklusive Umsatzsteuer, erhalten diese aber nicht als Vorsteuer erstattet. Diese Betriebsausgaben wirken erst bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) und der Steuererklärung im kommenden Jahr steuersenkend. Verzichten Sie auf die Umsatzsteuerbefreiung, können Sie die 19% der Umsatzsteuer gleich bei der nächsten Voranmeldung verrechnen – also im folgenden Monat.
Ob sich die Umsatzsteuerbefreiung lohnt, kann pauschal nicht beantwortet werden und hängt vom individuellen Unternehmen ab. Wer als Freiberufler im Homeoffice arbeitet, hat vermutlich keine großen Betriebsausgaben. In diesem Fall hätte der Vorsteuerabzug eher geringe Auswirkungen. Musst du jedoch Materialien, Waren oder Maschinen für die Unternehmensgründung anschaffen, verschafft dir die Vorsteuer eine gewissen Liquidität.
Privat- oder Geschäftskunden?
Für die Entscheidung, als Kleinunternehmer oder Freiberufler die Umsatzsteuerbefreiung zu beanspruchen, hängt neben deinen Betriebsausgaben auch von der Art deiner Kunden ab.
Bei Privatkunden handelt es sich um Endverbraucher und diejenigen, die die Umsatzsteuer zahlen. Für sie macht es also einen Unterschied, ob sie lediglich den Nettopreis zahlen oder die Umsatzsteuer dazugerechnet wird. In diesem Fall bist du als Kleinunternehmer dank der Umsatzsteuerbefreiung im Vorteil, da du deine Produkte günstiger anbieten kannst.
Kommt ein Großteil der Nachfrage von Geschäftskunden, macht die Umsatzsteuerbefreiung für dich keinen großen Unterschied. Für Geschäftskunden ist die Umsatzsteuer nur ein sogenannter durchlaufender Posten, die sie zahlen und sich im folgenden Monat als Vorsteuer vom Finanzamt zurückholen können.
Auftraggeber mit Umsatzsteuerbefreiung
Hast du mit einem Auftraggebender zu tun, der oder die von der Zahlung der Umsatzsteuer befreit ist, musst du auf der Rechnung auf jeden Fall den Grund dafür vermerken, warum keine Umsatzsteuer erhoben wird. Die Bescheinigung über die Umsatzsteuerbefreiung solltest du zudem gut aufbewahren, falls das Finanzamt nähere Informationen verlangt.
Fehlt der Beleg, kann eine steuerpflichtige Person nicht nachweisen, warum ein bestimmter Auftrag ohne Umsatzsteuer berechnet wurde. In diesem Fall kann das Finanzamt die Umsatzsteuer nachfordern, was zu hohen Nachzahlungen führen kann.
Fazit
Der Antrag auf Umsatzsteuerbefreiung ist mit wenig Aufwand verbunden und entlastet dich im täglichen Geschäft bei deiner Buchhaltung. Allerdings solltest du im Vorfeld sorgfältig die Vorteile und Nachteile abwägen, um so die beste Entscheidung zu treffen. Schließlich bist du fünf Jahre an deine Entscheidung gebunden, solltest du dich gegen die Umsatzsteuerbefreiung entscheiden. Erst nach Ablauf der fünf Jahre kannst du beim Finanzamt Widerspruch einlegen. Wenn du dir unsicher bist, lass dich von einem Experten beraten, welche Entscheidung für dein Unternehmen sinnvoll ist.